
Der Immobiliensektor ist besonders anfällig für Geldwäsche. Das ist keine neue Erkenntnis – aber die Ergebnisse einer neuen Studie des Trierer Instituts für Geldwäsche- und Korruptions-Strafrecht (TRIGEKO) bietet erstmals einen empirischen Nachweis eines preissteigernden Effekts von Geldwäsche auf Immobilien (und somit – indirekt – auch einen dämpfenden Effekt auf den Wirtschaftskreislauf).
Die Studie: Verdachtsmeldungen treffen auf Immobilienpreise
Ein Blick auf die Preisentwicklung von Eigentumswohnungen spricht Bände: seit 2010 haben sich diese in manchen deutschen Großstädten mehr als verdreifacht. Die Studie schaut auf die sieben größten deutschen Städte – also Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart.
Für die Analyse wurden Immobiliendaten aus dem German Real Estate Index der sieben größten deutschen Städten ausgewertet. Betrachtet wurden ausschließlich Eigentumswohnungen. Regionale Effekte wurden berücksichtigt, indem die Erhebung auf Bundesländerebene erfolgte.
Natürlich werden Immobilienpreise von vielen Faktoren beeinflusst. Die vorliegende Studie nutzt als Indikator für das tatsächliche Volumen von Geldwäsche das „Melde-Hellfeld“ in Immobilientransaktionen, also Verdachtsmeldungen von Notaren und Immobilienmaklern. Dazu wurden über 23.000 Verdachtsmeldungen aus dem Zeitraum Oktober 2020 bis März 2024 mit einem gemeldeten Transaktionsvolumen von über 4 Mrd. € ausgewertet.
Gemessen an dem Volumen, der bei den statistischen Ämtern gemeldeten tatsächlichen Immobilientransaktionen, ist die diese Menge an Verdachtsmeldungen jedoch eher gering. Daher schränken die Autoren der Studie auch ein, dass die Analyse des „Melde-Hellfelds“ nur eine (grobe) Annäherung an das tatsächliche Volumen der Geldwäsche biete.
Dies ist einer der Schwachpunkte der Untersuchung, da Geldwäsche klassischerweise als Delikt mit hoher Dunkelziffer gilt. Die Ergebnisse der Studie liefern damit (hauptsächlich aufgrund der geringen Verdachtsmeldefälle) nur einen mittelbaren Einblick in das Ausmaß der Geldwäsche auf dem Immobiliensektor.
Die Ergebnisse: Geldwäsche beeinflusst Immobilienpreise
Die Berechnung des TRIGEKO zeigt, Geldwäsche hat einen statistisch signifikanten Effekt auf Preise von Eigentumswohnungen. Die Studie legt nahe, dass „eine Erhöhung des Volumens an Verdachtsmeldungen um 1 Mio. € mit einer Preissteigerung für Eigentumswohnungen um 0,063 % einhergeht”.
Das sieht auf den erste Blick nach wenig aus – aber andersherum formuliert: ließe sich die Geldwäscheaktivität im Immobiliensektor um 10% reduzieren, hätte dies laut der vorliegenden Analyse einen Rückgang der Immobilienpreise um 1,9% zur Folge. Bei einer 80qm Wohnung mit einem qm-Preis von 4.500€ käme dies einer Reduktion des Kaufpreises von 360.000€ um ca. 6.830€ gleich.
Hessen fällt auf
Ein interessanter (und vielleicht besorgniserregender) Nebenaspekt der Studie: In Hessen werden – angesichts des starken Immobilienmarktes – auffällig wenig Verdachtsfälle im Vergleich zu anderen Bundesländern gemeldet. Ob das bedeutet, dass es tatsächlich weniger verdächtige Transaktionen gibt – oder, dass weniger genau hingeschaut wird – bleibt offen.
Mehr Sektoren, mehr Durchblick
Das TRIGEKO möchte in Zukunft mit der gleichen Methodik auch die Auswirkungen von Geldwäsche auf andere Sektoren untersuchen. Das erscheint sinnvoll, denn für eine effektive und risikoorientierte Geldwäscheprävention ist es natürlich wichtig, die risikobehafteten Branchen zu kennen. Und genau das ist es, was wir brauchen: mehr gezielte Analysen – und ein besseres Verständnis dafür, wie sich Geldwäsche ganz real auf unsere Wirtschaft auswirkt.
Die Autorin
Chiara Hilborne-Clarke ist Master-Studentin an der London School of Economics and Political Science. Sie war vorher als Compliance-Referentin in der KfW IPEX Bank tätig.