Bargeldobergrenze durch die Hintertür? - BaFin-Entwurf sieht hohe Hürden für Bartransaktionen vor

Der lange angekündigte und mit Spannung erwartete besondere Teil der Auslegungs- und Anwendungshinweise für Kreditinstitute (BaFin AuA BT) ist am 14.01.2021 zur Konsultation gestellt worden. Bis zum 12.02.2021 können zu dem Entwurf Anmerkungen per E-Mail an die BaFin gerichtet werden.

Der Entwurf enthält u.a. Hinweise zur Handhabung von Immobilien- und Investmentgeschäften, Konsortialkrediten und Korrespondenzbankbeziehungen sowie zum Einsatz von Monitoringsystemen und zur Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten bei (Sammel-)Treuhandkonten.

Für Überraschung sorgten insbesondere die Ausführungen zu verstärkten Sorgfaltspflichten bei Bartransaktionen. Unter Berufung auf die Ausführungen der Nationalen Risikoanalyse zum erhöhten Risiko bei Bargeschäften in Deutschland formuliert die BaFin gesteigerte Anforderungen an die Ermittlung der Herkunft solcher Vermögenswerte.

Nachforschungspflicht schon bei mehr als 2.500 Euro

So soll bei Bartransaktionen von Gelegenheitskunden von mehr als 2.500 Euro regelmäßig von einem erhöhten Risiko i.S.d. § 15 Abs. 2 i.V.m. Anlage 2 GwG ausgegangen werden. Dies hat zur Folge, dass gemäß § 15 Abs. 4 Nr. 2 GwG bei derartigen Bartransaktionen Informationen über die Herkunft der eingesetzten Vermögenswerte des Kunden sowie des gegebenenfalls vorliegenden wirtschaftlich Berechtigten vor Ausführung der Transaktion einzuholen sind. Dieser Herkunftsnachweis hat durch die Vorlage eines „aussagekräftigen Belegs“ zu erfolgen, der zu dokumentieren ist.

Beispiele für solche aussagekräftigen Belege werden in den BaFin AuA BT genannt (z.B. Barauszahlungsquittungen einer anderen Bank; Sparbücher, von denen das Geld stammt).

Bei Bestandskunden (also Kunden mit bestehendem Konto) besteht eine Pflicht zum Nachweis der Herkunft bei Bartransaktion von mehr als 10.000 Euro. Bei Bartransaktionen bis 10.000 Euro haben solche Maßnahmen nur auf risikobasierter Basis zu erfolgen. Bei bestimmten Kundengruppen, bei denen regelmäßig höhere Bartransaktionen zum Geschäftsmodell gehören (z.B. Einzelhandel, der abends seine Tageskasse an Bargeldautomaten einzahlt), kann von diesem Grundsatz abgewichen werden, sofern die Bartransaktionen risikoorientiert regelmäßig auf Plausibilität geprüft werden.

Regelung am Problem vorbei

Banken und Sparkassen zeigen sich entsetzt über die geplanten Änderungen und fürchten einen massiv erhöhten Aufwand bei Bartransaktionen. Für Gelegenheitskunden wird es dadurch immer schwieriger, Bargeschäfte zu tätigen. Bei Bargeschäften von Bestandskunden sind noch viele Fragen offen (siehe unten).

Bemerkenswert ist, dass besonders bargeldintensive Kunden, wie Gastronomen und Einzelhändler, von der Verschärfung in der Regel nicht betroffen sein werden. Sie profitieren von der Ausnahmeregelung, nach der bei Bestandskunden auf die Ermittlung der Mittelherkunft und damit auf verstärkte Sorgfaltspflichten verzichtet werden kann. Was von der BaFin wohl als praxisorientiertes Entgegenkommen gedacht war, führt den Zweck der Verschärfung ad absurdum. Denn gerade bei solchen Kunden besteht ein erhöhtes Risiko für Geldwäsche. Das lässt sich auch der von der BaFin als Begründung für diese Regelung zitierten nationalen Risikoanalyse entnehmen.

Deutsche Liebe zum Bargeld

Dem Geldwäscherisiko von Bargeld steht die immer noch weite Verbreitung von Münzen und Scheinen in Deutschland entgegen. Die BRD ist nach wie vor ein bargeldintensives Land, was auch seitens der Bundesbank immer wieder betätigt wird. Gerade die älteren Generationen zahlen überwiegend in Bar und halten teilweise noch hohe Barbeträge als Vermögen. Häufig können für solche Beträge gar keine Herkunftsnachweise vorgelegt werden. So kommen z.B. Erben schnell in Erklärungsnot, wenn sie Barbeträge ihrer verstorbenen Eltern und Großeltern bei der örtlichen Bank oder Sparkasse einzahlen wollen. Als Herkunft kann dann häufig nur die großelterliche Matratze angegeben werden. Es stellt sich daher die Frage, ob die Erbenstellung allein in diesen Fällen Nachweis genug ist.

Neue Schwellenwerte rechtmäßig?

Die Formulierung neuer Grenzwerte für die Anwendung von Sorgfaltspflichten, stößt auch auf rechtliche Bedenken. Das Geldwäscherecht sieht ganz andere Schwellenwerte vor (1.000 bis 15.000 Euro). Diese gelten zwar für die Anwendung allgemeiner Sorgfaltspflichten, für die Geltung der verstärkten Sorgfaltspflichten sind jedoch gesetzlich keine starren Betragsgrenzen vorgesehen. Vielmehr haben die Verpflichteten selbst festzustellen, wann ein höheres Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestehen kann. Auch der konkrete Umfang der zu ergreifenden Maßnahmen erfolgt entsprechend dem jeweiligen höheren Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung.

Dies kann nicht durch eine Aufsichtsbehörde pauschal festgeschrieben werden. Der BaFin fehlt es hierfür an einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage. Solche Regelungen können vielmehr nur durch eine Gesetzesänderung oder eine Rechtsverordnung des BMF (siehe § 15 Abs. 10 GwG) bestimmt werden.

Schließlich stellt sich noch die Frage, ob hier nicht bereits die Schwelle zur Beweislastumkehr überschritten wird. Danach muss straf- und ordnungsrechtlich nicht die einzelne Person darlegen, aus welchen Quellen das eigene Vermögen stammt. Dies ist vielmehr Aufgabe der Ermittlungsbehörden. Lediglich bei Hinweisen auf eine kriminelle Herkunft liegt der Ball beim einzelnen Bürger. Das kann aber nicht ohne weiteres an der Bargeldhöhe festgemacht werden. Anders ist das interessanterweise in Italien geregelt: Gelingt es einem nicht, auf Aufforderung der italienischen Ermittlungsbehörden die Herkunft von Barbeträgen ab einer bestimmten Höhe zu plausibilisieren, kann das Geld eingezogen werden.

Zurück zum Kassenschalter?

Zu Problemen käme es auch bei Einzahlungen am Geldautomaten. Diese könnten oberhalb der genannten Schwellenwerte nicht mehr angenommen werden (Ausnahme: gewerbliche Kunden mit regelmäßigen Bareinzahlungen). Dies hat zur Folge, dass solche Einzahlungen nur noch an einem Kassenschalter möglich sind. Durch das Filialsterben im Bankenbereich wird es aber immer unwahrscheinlicher, dass Kreditinstitute einen solchen Service flächendeckend anbieten können.

Bargeldobergrenze = Vertragsbruch?

Höchst problematisch ist auch das Verhältnis zu den Pflichten, die sich bzgl. Bartransaktionen aus den Kontoverträgen ergeben. Danach sind für gewöhnlich die Kreditinstitute gegenüber ihren Bestandskunden verpflichtet, Bargeld als Einzahlung entgegenzunehmen. Hierfür existiert auch keine bestimmte Obergrenze. Fraglich ist auch, wie bspw. bei Barzahlungen im Zusammenhang mit der Tilgung von Darlehen durch Kreditnehmer zu verfahren ist.

Konsequenzen bei Nichterfüllung

Gelingt es nicht, den geforderten Herkunftsnachweis vom Kunden einzuholen oder bestehen Zweifel am Inhalt der vorgelegten Dokumente, so wird sich schnell die Frage stellen, ob nicht eine Verdachtsmeldung abgegeben werden muss. Darüber hinaus muss das Kreditinstitut entscheiden, ob die Transaktion abzulehnen bzw. die Geschäftsbeziehung nicht zeitnah zu beenden ist. Da es sich um einen Fall der verstärkten Sorgfaltspflichten handelt, würde sich eine entsprechende Pflicht aus § 15 Abs. 9 i.V.m. § 10 Abs. 9 GwG ergeben. Dies erscheint jedoch unangemessen, da der Kunde vertraglich nicht verpflichtet ist, einen solchen Nachweis zu erbringen. Lediglich bei Gelegenheitskunden wäre die Ablehnung der Transaktion folgerichtig.

Fazit

Der Entwurf zu den BaFin AuA BT ist rechtlich in dieser Form kaum zu vertreten. Inhaltlich stellt er hohe Hürden für Bargeschäfte mit Kunden auf. Sollten diese Vorgaben auch nach der Konsultation Bestand haben, werden sie die Kreditinstitute mit Sicherheit personell und finanziell zusätzlich belasten. Es bleibt daher auch abzuwarten, welche Argumente die Deutsche Kreditwirtschaft in ihrer kommenden Stellungnahme vorbringen wird.

Besonders interessant ist auch die politische Seite des Entwurfs. Der Zeitpunkt für die Festlegung von Schwellenwerten für Bartransaktionen fällt direkt in die laufende Deutschland-Prüfung der Financial Action Task Force (FATF). Die hohe Bargeldverbreitung in Deutschland wurde schon bei der letzten Prüfung der BRD im Jahr 2010 bemängelt. Eine Bestimmung von Bargeldobergrenzen für Geschäfte ist gesetzlich in Deutschland (anders als in vielen anderen EU-Staaten) jedoch nie realisiert worden. Hier spielt vermutlich auch die große Akzeptanz von Bargeld in der deutschen Bevölkerung eine Rolle. Ein Thema, was man im „Superwahljahr 2021“ wohl nicht auf der Agenda haben wollte. Ob der Versuch, eine solche „weiche“ Obergrenze im Kreditbereich „durch die Hintertür“ einzuführen, die Prüfer der FATF beeindrucken wird, erscheint fraglich. Bargeldtransaktionen im Nichtfinanzbereich (Güterhändler, Immobilienmakler, Notare etc.) sind davon nämlich nicht betroffen. Diese Geschäfte gelten aber als eine der großen Baustellen bei der Geldwäschebekämpfung in Deutschland.