Im Sandkasten der Geldwäsche – wann kommt die Rechtsverordnung?

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Viele nach dem Geldwäscherecht Verpflichtete in Deutschland hoffen darauf, dass bald auch in Deutschland eine Identifizierung von natürlichen Personen in einem nutzerfreundlichen und ressourcensparenden Online-Prozess möglich wird. Dies könnte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ermöglichen, wenn es denn eine entsprechende Rechtsverordnung erließe.

Derzeitiger Rechtsstand zur online Identifikation

Nach derzeitigem Rechtsstand können natürliche Personen nur auf folgende Art und Weise identifiziert werden (§ 13 Abs. 1 GwG):

  • Vor Ort durch Vorlage eines Ausweisdokuments.
  • Durch ein gleichwertiges Verfahren, dass ebenso sicher ist wie die Prüfung vor Ort.

Als gleichwertige Verfahren anerkannt sind nach den Auslegungs- und Anwendungshinweisen zum GwG der BaFin die folgenden Verfahren:

  • Per elektronischem Identitätsausweis (z. B. Personalausweis, e-ID Karte), dazu muss bei dem entsprechenden Dokument jedoch die eID Funktion freigeschaltet sein, was sehr oft nicht der Fall ist, daher findet dieses Verfahren kaum praktische Anwendung
  • Per elektronischer Signatur mit einer Referenzüberweisung von einem auf EU-Niveau identifizierten Konto (häufig ist jedoch für die elektronische Signatur ebenfalls eine vor Ort Identifizierung notwendig, wodurch nichts gewonnen ist).
  • Per notifiziertem elektronischem Identifizierungssystem (das wäre wieder der Personalausweis)
  • Videoident nach den Vorgaben des BaFin Rundschreiben 3/2017 (GW) vom 10. 04. 2017

Konkret bedeutet dies, dass es mit Ausnahme des Videoidentverfahrens in Deutschland bislang keine verbreiteten und nutzerfreundlichen Möglichkeiten zur online Identifizierung gibt.

Andere Verfahren sind derzeit von der BaFin nicht als gleichwertig anerkannt. Sie könnten jedoch anerkannt werden, wenn das BMF diese durch eine Verordnung gemäß § 13 Abs. 2 GwG zulässt. Leider gibt es eine solche Verordnung bislang nicht.

Der neue Sandkasten der Geldwäsche

Neu ist, dass das BMF ein neues Verfahren (zum Beispiel eine KI-gestützte Überprüfung von Dokumenten mit Lebenderkennung) auf Probe und unter Auflagen zulassen kann. Ein solches „Sandbox“ Prinzip, als das Testen von Verfahren zur Probe ist in anderen Ländern üblich, für Deutschland jedoch ein Novum. Neu aufgenommen wurde der Sandkasten für die Geldwäsche im Sommer 2021 durch einen Vorschlag des Finanzausschusses (BT-Drs. 19/30443, S. 66). Dieser begründete die Aufnahme folgendermaßen:

„Konkret soll die Verordnungsermächtigung nunmehr auch erlauben, dass entsprechende Verfahren, deren Grundlagen und Sicherheitsanforderungen derzeit noch nicht umfassend geregelt sind, auch im Bereich der geldwäscherechtlichen Identifizierung erprobt werden können. (…) Zur Sicherstellung eines hinreichenden Sicherheitsniveaus während der Erprobung sowie zur Gewinnung von Erkenntnissen über die Bewährung des Verfahrens soll die Zulassung durch die Aufsichtsbehörde mit Nebenbestimmungen versehen werden, deren Eckpunkte in der Rechtsverordnung angelegt sein werden. In Betracht kommt etwa die Anforderung an den Verpflichteten, neben dem zu erprobenden Verfahren auch ein weiteres, bereits zugelassenes Verfahren zur Identitätsüberprüfung wie eine Identitätsüberprüfung mittels des elektronischen Identitätsnachweises anzubieten.”

Eine Zulassung eines neuen Verfahrens in einer Probephase, wenn denn die Verordnung erlassen ist, soll gemäß § 13 Abs. 2 S. 3 GwG für elektronische Systeme nur möglich sein, wenn das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik das Verfahren vorher auf die notwendige Sicherheit überprüft hat. Es steht Anbietern neuer Verfahren daher ein recht aufwändiger Weg bevor. Umso wichtiger ist es, dass das BMF bald die Rechtsgrundlage dafür mit der Verordnung schafft.

Auswirkungen auf bisher zugelassene Verfahren

Wenn das BMF eine neue Verordnung schafft, ist davon auszugehen, dass auch das Videoidentifizierungsverfahren neu geregelt wird. Denn die Zulassung dieses Verfahrens auf Basis des BaFin-Rundschreibens steht rechtstechnisch auf dünnem Eis, weil es für die Zulassung neuer Verfahren einer Verordnung bedarf. Der Finanzausschuss hat dies auch gesehen und führt aus:

„Bei Ausübung der Verordnungsermächtigung zur Regelung weiterer Identifizierungsverfahren muss aus gesetzessystematischen Gründen dann auch das bisher im Wege des Rundschreibens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zugelassene Videoidentifizierungsverfahren als ein für die geldwäscherechtliche Identifizierung geeignetes Verfahren mitgeregelt werden.”

Sollte die Verordnung kommen, bleibt zu hoffen, dass das ohnehin schon aufwändige Videoidentifizierungsverfahren nicht noch komplexer wird.

Der Verordnungsgeber sollte sich ohnehin immer vor Augen halten, dass der Maßstab der Gleichwertigkeit die in Augenscheinnahme vor Ort ist, die keinesfalls sicher und fehlerlos ist, weil kaum jemand wirklich Sicherheitsmerkmale verschiedener Ausweise aus 190 Ländern erkennen und prüfen kann. Letztlich sind KI-unterstützte Verfahren hier besser, aber leider noch nicht zugelassen.

Warten auf die EUid?

Erklärtes Ziel der Einführung ist es laut der Begründung des Finanzsauschusses die Digitalisierungsstrategie der Bundesrepublik Deutschland zu unterstützen. Dabei soll ein Ökosystem für digitale Identitätsnachweise geschaffen werden, welches nach dem Prinzip der Self Sovereign Identity den Nutzern die Kontrolle über ihre Identitätsnachweise ermöglicht. Das klingt sehr nach der auf EU-Ebene geplanten Einführung einer EUid-Brieftasche, durch die eine europäische digitale Identität geschaffen werden soll. Leider wird die Realisierung dieses Projekts noch längere Zeit dauern, weil die Infrastruktur und Akzeptanz erst noch geschaffen werden müssen. Zudem hilft die EUid nicht bei der Identifizierung von EU-Ausländern. Es bleibt daher zu hoffen, dass eine Verordnung schon vorher kommt, um andere Lösungen zu ermöglichen.

Einfach mal machen?

Die Einführung neuer Verfahren ohne vorherige Zulassung auf Basis einer Verordnung birgt für Verpflichtete einige Risiken. Eine Verletzung von § 13 GwG ist nämlich gemäß § 56 GwG bußgeldbewährt.

Fazit

Der Sandkasten ist da, aber es fehlen die Förmchen. Herr Lindner, bitte übernehmen Sie!

Hinweis: Der Beitrag erschien zuerst bei paytechlaw.com.

Über die Autorin:

Dr. Susanne Grohé ist Rechtsanwältin, Partnerin und Gründerin bei Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Mehr Informationen zu Frau Grohé finden Sie hier.
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