OLG Jena: Geldwäscheverdacht als Kündigungsgrund bei Darlehensverträgen

Es kommt nicht häufig vor, dass Gerichte über geldwäscherechtliche Sachverhalte entscheiden, die auch für Verpflichtete des GwG von Interesse sind. Zwar ist mir hierzu keine Statistik bekannt, aber gefühlt geht es bei solchen Fällen häufig um Strafverfahren gegen einzelne Täter, wie z. B. Finanzagenten. Solche Prozesse sind für Geldwäschebeauftragte meistens nicht so aufschlussreich (es sei denn, das Verfahren beruht auf einer Verdachtsmeldung, die man selbst abgegeben hat).

Kann einem „Geldwäscher“ gekündigt werden?

Umso interessanter liest sich eine kürzlich bekannt gewordene Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts (OLG Jena, Urteil v. 29.09.2020, Az. 5 U 165/19). Die Richter hatten sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Geldwäscheverdacht als außerordentlicher Kündigungsgrund gem. Nr. 26 Abs. 2 AGB Sparkassen bzw. § 314 BGB für Darlehensverträge herangezogen werden kann.

Details zum Sachverhalt und dem Hintergrund der Verdachtsmeldung sind leider nicht bekannt, da der Urteilstext hierzu nicht viel preisgibt. Grund für die Meldung und die darauffolgende außerordentliche Kündigung war u.a. der Verdacht der Verletzung der Offenbarungspflicht im Rahmen eines Darlehensvertrags (es ging wohl um einen Strohmannkredit).

Die betroffene Kundin sah die Kündigung als unzulässig an und verlangte von der Sparkasse Schadensersatz wegen der ihrer Auffassung nach unrechtmäßigen Beendigung des Darlehensvertrags. Sie argumentierte u.a., dass die AGB Sparkassen eine solche Kündigung wegen Geldwäscheverdacht nicht zulassen. In den AGB Sparkassen sind (nicht abschließend) einige außerordentliche Kündigungsgründe aufgezählt. Ein bestehender Geldwäscheverdacht oder eine abgegebene Verdachtsmeldung werden nicht explizit genannt.

Verdachtsfall führt zur Unzumutbarkeit der Geschäftsfortführung

Das Gericht gab jedoch der Sparkasse Recht. Die Kündigung des Darlehens sei aufgrund der Vielzahl von außergewöhnlichen Umständen der Darlehensfinanzierung gerechtfertigt. Es bestehe grundsätzlich kein Zweifel, dass ein Verdacht auf eine Straftat nach § 261 StGB einen wichtigen Grund für eine Beendigung darstellen kann. In diesen Fällen könne es einem Kreditinstitut regelmäßig nicht zugemutet werden kann, an der Durchführung des Darlehensvertrags festzuhalten.

Keine höheren Anforderungen an den Geldwäscheverdacht

Die Anforderungen an einen Kündigungsgrund wegen Geldwäscheverdacht seien auch nicht höher, als die an den Verdacht selbst. Insbesondere müssten keine konkreten Verdachtsmomente auf die Vortat vorhanden sein. Diese würde eine Bank, insbesondere eine örtliche Bankfiliale oder Sparkasse kaum je haben können. Die Bank bzw. Sparkasse habe hierzu regelmäßig keine Erkenntnis- und erst recht keine Ermittlungsmöglichkeiten. Angesichts der konkreten Umstände des Falles, musste die Sparkasse berechtigterweise Sorge haben, bei einer Durchführung des Darlehensvertrags einer Straftat Vorschub zu leisten und insbesondere eine Geldwäsche nach § 261 StGB zu ermöglichen. Insbesondere sei für die Kündigung oder Ablehnung durch die Bank oder Sparkasse keine Untersagung des Geschäfts durch die Staatsanwaltschaft nötig.

Fazit

Das Urteil ist zu begrüßen und erleichtert es der Praxis, solche Geschäftsbeziehungen mit mehr Rechtssicherheit zu beenden. Die Entscheidung ändert aber nichts daran, dass die Gründe für die Kündigung nicht offengelegt werden dürfen, siehe § 47 GwG! Nach dem sogenannten Tipping Off-Verbot darf ein Verpflichteter grundsätzlich keine Informationen zu einer beabsichtigten oder erstatteten Verdachtsmeldung offenbaren. Dies kann im Einzelfall schwierig werden, da eine außerordentliche Kündigung in der Regel eines Kündigungsgrundes bedarf. Spätestens im gerichtlichen Verfahren gilt diese Regel nicht mehr, aber bis dahin muss man sich als Verpflichteter etwas einfallen lassen (manche Kollegen sehen auch den Hinweis auf eine Beendigung „wegen gesetzlicher Bestimmungen“ kritisch). Diskussionen mit dem (Ex-)Kunden sind jedoch nicht die Regel, es sei denn, dem Verdacht liegt tatsächlich keine Geldwäschetat oder kein Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung zu Grunde. In diesem Fall stärkt das OLG Jena den Verpflichteten den Rücken, da es keine höheren Anforderungen an die Kündigung, als die an eine Verdachtsmeldung stellt.

Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen, da das Verfahren mittlerweile beim BGH gelandet ist. Es bleibt somit spannend.