Die Reform des Geldwäschetatbestands - Erste Praxis-Erfahrungen

Seit dem 18. März 2021 ist das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Verfolgung der Geldwäsche von den Verpflichteten des Geldwäschegesetzes zu beachten. Bei der Änderung geht es insbesondere um die Ausweitung des Tatbestands der Geldwäsche in § 261 StGB. Durch den Wegfall des Vorstrafenkatalogs in § 261 StGB sind damit alle Straftatbestände mögliche Vortaten zur Geldwäsche. Bei Hinweisen auf entsprechendes strafbares Verhalten im Rahmen von Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen ist jetzt immer eine Verdachtsmeldung und an die Financial Intelligence Unit (FIU) abzugeben.

Im Vorfeld der Reform gab es sehr lebhafte Diskussionen unter Verpflichteten, inwieweit die Änderungen in Bezug auf Verdachtsmeldungen zu einem Mehraufwand führen werden.

„Wir melden alles.“

Manche Geldwäschebeauftragte wiesen achselzuckend daraufhin, man habe auch bisher keine Prüfung anhand des Vorstrafenkatalogs in § 261 StGB-alt vorgenommen. Bei Hinweisen auf kriminelle Zusammenhänge sei vielmehr direkt gemeldet worden. Andernfalls wären entsprechende Meldungen nicht mehr „unverzüglich“ erfolgt und man hätte gegen die Meldepflicht nach § 43 GwG verstoßen.

Andere Kolleginnen und Kollegen sahen hingegen die Gefahr eines immensen Anstiegs der Verdachtsmeldungen und einen entsprechenden Mehraufwand. So waren u.a. (einfache) Betrugstaten oder Diebstähle (sog. Bagatelldelikte) bisher keine möglichen Geldwäschevortaten (z. B. der einfache Subventionsbetrug im Rahmen der Corona-Soforthilfen). Solche Fälle mussten nur dann gemeldet werden, wenn es bei den Vortaten mindestens Hinweise auf eine gewerbs- oder bandenmäßige Begehung gab.

Großer Mehraufwand bei Bagatelldelikten

Die ersten Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass es für die meisten Verpflichteten sehr wohl zu einem erheblichen Mehraufwand gekommen ist. Dies betrifft insbesondere die Erfassung und Bearbeitung von Hinweisen auf sog. Bagatelldelikte. Bedenkt man, dass die Abgabe einer einzelnen Verdachtsmeldung erfahrungsgemäß mindestens eine Stunde dauert, so lässt sich erahnen, welche zusätzliche Belastung droht. Hinzu kommt die Folge der Stillhalteverpflichtung in § 46 GwG. Danach darf eine Transaktion, wegen der eine Verdachtsmeldung erfolgt ist, frühestens nach dem dritten Werktag durchgeführt werden. Eine Ausnahme besteht dann, wenn zuvor die FIU oder die Staatsanwaltschaft der Durchführung zugestimmt hat.

Sinkende Qualität von Verdachtsmeldungen befürchtet

Daneben scheint sich die Tendenz zur Pauschalisierung von Geldwäschefällen zu verstärken. Geldwäschebeauftragte befürchten zunehmend, mögliche Verdachtsfälle zu übersehen. Daher melden diese immer häufiger schlicht jeden Fall, bei dem Hinweise auf kriminelles Verhalten existieren. Hierbei wird jedoch übersehen, dass nicht bei jeder Tat auch gleichzeitig eine strafbare Geldwäsche vorliegt. Die richtige Abgrenzung ist in der Praxis jedoch häufig schwierig. Auch ist der meldende Mitarbeiter in der Regel durch die Freistellungsregelung des § 48 GwG geschützt. Die „über den Daumen gepeilte“ Meldepraxis erscheint daher manchen als das geringere Übel.

Fazit

So läuft es schließlich auf eine weiter stark steigende Anzahl an Verdachtsmeldungen hinaus. Welchen Mehrwert eine solche Datenhorterei mit sich bringen soll, verstehen nur die wenigsten Beteiligten. Der vom Gesetzgeber beschworene Vorteil der Reform, die Erleichterung der Strafverfolgung, muss sich in der Praxis erst einmal beweisen. Ohne eine Verbesserung der Situation der Ermittlungsbehörden in Bezug auf Ausstattung, Vernetzung und Qualität der übermittelten Daten erscheint dieser Glaube jedoch verfehlt.

Handlungsbedarf

Welche Folgen hat die Reform für die Verpflichteten? Damit die niedrigere Meldeschwelle im Unternehmen auch richtig umgesetzt wird, sind einige Anpassungen vorzunehmen.

Aktualisierung des Risikomanagements

Dies betrifft zum einen die Risikoanalyse (sofern eine solche zu erstellen ist, siehe § 5 GwG). Die dortigen Ausführungen sind im Hinblick auf die Änderung des § 261 StGB zu aktualisieren. Sofern die regelmäßige (jährliche) Überprüfung der Risikoanalyse nicht zeitnah ansteht, erscheint es vertretbar, die Änderungen in einem Vermerk festzuhalten. Dieser ist von dem zuständigen Mitglied der Leitungsebene (Geschäftsführer, Vorstand etc.) zu genehmigen.

In der Risikoanalyse ist festzuhalten, dass ab sofort jede Straftat, mit der ein Tatertrag bzw. ein Tatprodukt erzielt werden kann, als Vortat zu § 261 StGB in Betracht kommt. Liegen konkrete Anhaltspunkte für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vor, ist eine Verdachtsmeldund zu erstatten.

Kreditinstitute haben darüber hinaus zu beachten, dass die Ausführungen zu strafbaren Handlungen im Sinne des § 25h KWG ggf. ergänzt werden müssen.

Organisatorische Änderungen

Neben der Risikoanalyse sind auch Mitarbeitermerkblätter, Organisations- und Arbeitsanweisungen entsprechend anzupassen. Die Mitarbeiter sollten darüber informiert werden, dass bei konkreten Anhaltspunkten auf die Erlangung von Taterträgen oder Tatprodukten, die mutmaßlich aus einer rechtswidrigen Tat herrühren, eine interne Meldung an den Geldwäschebeauftragten bzw. den Vorgesetzten zu erfolgen hat. Hier ist risikoorientiert eine einfache Mitteilung (E-Mail, Intranet) ausreichend.

Inhaltliche Änderungen sind aber nur dann nötig, wenn das Verdachtsmeldeverfahren sehr detailliert geregelt ist und ausdrücklich auf den alten Vortatenkatalog des § 261 StGB Bezug genommen wird. Findet sich dagegen nur eine allgemeingültige Beschreibung des Verdachtsmeldeverfahrens, dürften Anpassungen nicht erforderlich werden.

Sofern die Schulung der Beschäftigten durch das eigene Unternehmen erfolgt, sind auch die Trainingsunterlagen zu aktualisieren.

Anpassungen im Monitoring

Von großer Bedeutung sind sofortige Anpassungen des internen Monitoringverfahrens. Dies betrifft insbesondere Kreditinstitute.

Prinzipiell dürften die meisten Einstellungen (Indizienmodelle) ohne weitere Änderungen beibehalten werden können. Insbesondere eine Anpassung der Schwellenwerte ist nicht zwingend erforderlich. Allerdings sollten weitere Indizien hinzugefügt werden. Damit können bisher nicht berücksichtigten Tatbestände, wie einfacher Betrug oder unerlaubtes Glücksspiel, miteinbezogen werden. Welche Tatbestände das im Einzelnen sind, ist u.a. abhängig von der jeweiligen Branche und dem jeweiligen Geschäftsbetrieb des einzelnen Verpflichteten. In Bezug auf Kreditinstitute kommen u.a. folgende Tatbestände neu hinzu:

  • Kontoeröffnungsbetrug
  • Bankdrops (illegal eröffnete Bankkonten)
  • Lastschriftbetrug/-reiterei
  • Scheckbetrug/-reiterei
  • Missbrauch von Minderjährigen-Konten
  • Finanzagent
  • Phishing
  • Subventionsbetrug (z.B. im Rahmen der Corona-Soforthilfen)

Verpflichtete sollten in jedem Fall das eigene Monitoring überprüfen und ggf. um neue Varianten ergänzen.

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