Ukraine-Krieg: Wie umgehen mit Sanktionsverstößen?

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Seit letzter Woche befinden sich Russland und die Ukraine im Krieg. Als Reaktion auf die Invasion Russlands haben insbesondere die USA und die EU mehrere Sanktionen auf den Weg gebracht. Die wichtigsten Maßnahmen sind der Ausschluss bestimmter russischer Banken aus dem Finanz-Kommunikationssystem Swift und Sanktionen gegen die russische Zentralbank. Zurzeit kommen fast täglich neue oder geänderte Bestimmungen hinzu. Dieser Beitrag versucht einen Überblick über die aktuelle Entwicklung zu geben. Daneben geht es auch um die Frage, wann wegen eines Verdachts auf Geldwäsche im Zusammenhang mit einer Sanktion eine Meldung an die Financial Intelligence Unit (FIU) erfolgen muss.

Sanktionen in allen Wirtschaftsbereichen

Von den Sanktionsmaßnahmen sind fast alle Bereiche der russischen (und belarussischen) Wirtschaft betroffen. Teilweise handelt es sich um neue Bestimmungen, teilweise wurden Sanktionen, die bereits seit Beginn der Ukraine-Krise mit Annexion der Krim 2014 bestehen, geändert.

Neben Beschränkungen gegen den Finanz- und Energiesektor sind auch die Branchen Technologie, Medien und Verkehr betroffen. Zudem wurden personenbezogene Sanktionen gegen Politiker, Geschäftsleute und Oligarchen beschlossen. Von Mitgliedern der russischen Regierung (insbesondere Wladimir Putin selbst) bis hin zu Familienangehörigen und engen Geschäftspartnern – die Sanktionslisten umfassen hunderte Namen.

Sanktionen gegen Finanzinstitute

Die weitreichendsten Einschränkungen betreffen den Finanzbereich. Es geht um Beschränkungen des Zugangs Russlands zu den Kapital- und Finanzmärkten und Kapital- und Finanzmarktdienstleistungen. So sollen mehrere russische Banken aus dem internationalen Finanz-Kommunikationssystem Swift ausgeschlossen werden. Dies hat zur Folge, dass diese nicht mehr geregelt am internationalen Zahlungsverkehr teilnehmen können.

Am 28. Februar 2022 wurden zusätzlich auch Sanktionen gegen die russische Zentralbank beschlossen. So ist es ab sofort verboten, Geschäfte mit der russischen Zentralbank oder mit juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen zu tätigen, die im Namen oder auf Anweisung der russischen Zentralbank handeln. Die Maßnahmen sollen verhindern, dass Russland seine enormen Devisen- und Goldreserven zur Umgehung der weitreichenden Sanktionsmaßnahmen einsetzt.

Darüber hinaus sind eine Reihe an russischen Geschäftsbanken geächtet worden. Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Eigentum oder im Besitz dieser Institute stehen, werden eingefroren. Ihnen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.

Schließlich wurde auch der Handel mit russischen Staatsanleihen empfindlich eingeschränkt.

Sanktionen in den Bereichen Energie und Verkehr

Der Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr bestimmter Güter und Technologien für die Ölveredelung und die Luft- und Raumfahrtindustrie sind EU-weit verboten. Dies betrifft auch Dienstleistungen in diesem Bereich. Darüber hinaus haben die Mitgliedstaaten der EU beschlossen ihren Luftraum für alle russischen Flieger zu sperren. Auch Großbritannien hat sich dem teilweise angeschlossen. Entsprechende Verbote für den Einlauf russischer Schiffe in EU-Häfen stehen noch aus.

Sanktionen gegen den Technologie- und Mediensektor

Im Bereich Technologie wurden sowohl von der EU als auch durch die USA umfangreiche Ausfuhrverbote und -beschränkungen erlassen. So dürfen fortan bestimmte Güter und Technologien nicht mehr ohne weiteres nach Russland geliefert werden. Betroffen sind u.a. Mikroprozessoren oder Komponenten, die für die Herstellung von Mikrochips benötigt werden.

Im Medienbereich sind die russischen Sender RT und Sputnik EU-weit verboten worden. Damit sollen Propaganda- und Desinformationskampagnen in Europa bekämpft werden.

Ausweitung personenbezogener Embargos

Neben den Beschränkungen einzelner Wirtschaftsbereiche enthalten die Russlandsanktionen auch restriktive Maßnahmen, die sich gegen einzelne Personen richten. Schon 2014 im Zuge der Besetzung der Krim durch Russland verabschiedete die EU eine umfangreiche Liste sanktionierter Personen.

Diese Listen sind nun geändert und erweitert worden. Diese Neuaufnahmen umfassen Oligarchen und Geschäftsleute, die im Öl-, Banken- und Finanzsektor tätig sind, sowie Regierungsmitglieder, hochrangige Militärpersönlichkeiten und Propagandisten, die zur Verbreitung antiukrainischer Propaganda beigetragen und Stimmungsmache für die Invasion der Ukraine betrieben haben sollen.

Die restriktiven Maßnahmen gelten nun für insgesamt 680 Personen und 53 Organisationen (Stand 28.02.2022). Sie umfassen das Einfrieren von Vermögenswerten und das Verbot, den in der Liste aufgeführten Personen und Organisationen Gelder bereitzustellen. Zudem hindert ein Einreiseverbot die gelisteten Personen an der Einreise in und der Durchreise durch das Gebiet der EU.

Maßnahmen, Verweise, Ausnahmen – Wie umgehen mit dem Wirrwarr an Bestimmungen?

Die Auseinandersetzung mit den Sanktionsbestimmungen ist selbst für erfahrene Juristen kein Kinderspiel (als Einstieg eignen sich das Merkblatt zur Einhaltung von Finanzsanktionen der Bundesbank). Allein die für den Finanzsektor maßgeblichen EU-Regelungen umfassen über 300 Seiten (siehe hierzu die Rundschreiben der Bundesbank Nr. 16 und 18). Hinzu kommen noch die Maßnahmen anderer Staaten wie der USA, der Schweiz oder Japan. Darüber hinaus sind diese gespickt mit Verweisen auf bereits geltende Verordnungen, Ausnahmen von Beschränkungen und entsprechende Gegenausnahmen.

Automatisierter Listenabgleich

Am einfachsten erfolgt noch der Abgleich mit den Listen sanktionierter Personen oder Unternehmen, der insbesondere im Zahlungsverkehr eine Rolle spielt. Dieser erfolgt im Bankbereich automatisiert und wird ständig den aktuellen Auflistungen angepasst. Bzgl. sanktionierter Institute kann mit Empfängerdatensperren gearbeitet werden.

Probleme bei Trade Finance

Schwieriger gestaltet sich dagegen die Berücksichtigung der Sanktionen im Bereich Finanzierungen. Bei Trade Finance Geschäften wird es kaum möglich sein, anhand von Warenlisten oder Dienstleistungsbeschreibungen in jedem Fall sicher zu entscheiden, ob das Geschäft durchgeführt werden kann. Da häufig auch die mittelbare Unterstützung sanktionierter Geschäfte verboten ist, laufen Banken hier Gefahr bei einem Verstoß unverhofft hineingezogen zu werden. Zumindest lässt sich sagen, dass Finanzierungsgeschäfte mit Russlandberührung in Zukunft nur noch in wenigen Bereichen und mit sehr viel Aufwand durchgeführt werden können.

Haftungsfalle Sanktionsumgehung

Sobald Sanktionen im Raum stehen, sind bei betroffenen Personen und Institutionen bereits rege Aktivitäten zu verzeichnen. Gilt es doch möglichst schnell Wege zu finden, trotz der Einschränkungen weiter Geschäfte machen zu können.

Die Rede ist von Umgehungsgeschäften. Um zu verhindern, dass insbesondere Banken hierbei missbraucht werden, gehen manche Institute sehr rigoros vor. So ist derzeit zu beobachten, dass einige Banken bis auf weiteres russische Staatsbürger nicht mehr als Neukunden zulassen. Entsprechendes gilt für juristische Personen, wenn Gesellschafter, Leitungsorgane oder sonstige Bevollmächtigte die russische Staatsbürgerschaft haben. Bestandskunden mit Russlandbezug stehen unter besonderer Beobachtung. Mit ihnen werden teilweise keine zusätzlichen Geschäfte gemacht. Auch Verfügungsberechtigungen und Vollmachten russischer Staatsbürger werden teilweise nur noch in Ausnahmefällen im Bankgeschäft akzeptiert.

Wie weit verbreitet diese strenge Auslegung der Sanktionsbestimmungen derzeit ist, lässt sich nur schwer sagen. Dem Finanzsektor ist die Nervosität jedenfalls anzumerken.

Verdachtsmeldung bei Sanktionsverstößen?

Eine weitere wichtige Frage ist die nach der Pflicht zur Verdachtsmeldung. Ein Sanktionsverstoß ist nach den §§ 17, 18 des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) strafbar. Ein solcher Verstoß kann eine Vortat für einen strafbaren Geldwäschefall nach § 261 Strafgesetzbuch (StGB) sein. Verdachtsmeldungen haben nach § 43 Geldwäschegesetz (GwG) „unverzüglich“ zu erfolgen, also ohne schuldhaftes Zögern. Kommt es im Unternehmen zu einem Verstoß oder ist dieser bei einem Kunden zu beobachten, so muss schnell geklärt werden, ob eine Meldung an die FIU zu erfolgen hat.

Auch wenn die Schwelle für eine Verdachtsmeldung sehr niedrig liegt, ist nicht jedes Geschäft mit Russlandbezug ein Meldefall. Dies gilt allein schon aufgrund der vielen Ausnahmefälle in den Sanktionsverordnungen.

Ein typischer Fall wäre die Gutschrift von Geldern aus einem sanktionierten Exportgeschäft auf ein Bankkonto. Problematisch ist hierbei, wie oben schon beschrieben, die fehlende Erkennbarkeit solcher Sanktionshintergründe. Kennt die Bank oder das Unternehmen die konkreten Anhaltspunkte für einen Sanktionsverstoß nicht, kann kein Verdacht entstehen. Natürlich gilt hier auch der Know your Customer-Grundsatz, aber eine investigative Recherche bei Russlandberührung wird nur in den seltensten Fällen angezeigt sein.

Auch die FIU äußert sich zu dem Thema auf ihrer Homepage. Die Behörde sieht wohl die meisten Meldefälle im Bereich Transaktionen. So bitte sie im Rahmen von Meldungen, die in diesem Zusammenhang wegen eines Verdachts von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung abgegeben werden, bei der Darstellung des Sachverhalts den einschlägigen Sanktionstatbestand zu benennen und folgenden Indikator zu verwenden: B2305 – Transaktion in/aus Staaten, gegen die beispielsweise die EU oder die UN Sanktionen, Embargos oder ähnliche Maßnahmen verhängt hat/haben

Fazit

Die weitreichenden Russlandsanktionen sind eine Zäsur im Welthandel. Aufgrund der anhaltenden Dynamik des Konflikts in der Ukraine ist auch mit weiteren Maßnahmen und Anpassungen bestehender Beschränkungen zu rechnen. Manche Experten gehen aber schon jetzt davon aus, dass Russlandgeschäfte faktisch nur noch in einzelnen Bereichen und in sehr engem Rahmen stattfinden werden. Von Pessimisten werden als Beispiele der Iran und Nordkorea genannt. Russland sei auf dem Weg, ein international geächteter Staat zu werden. Ob es soweit kommt, hängt maßgeblich von der weiteren Entwicklung ab.

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