Zentrale Auslegungs- und Anwendungshinweise für den Nicht-Finanzsektor veröffentlicht

Lange mussten die geldwäscherechtlich Verpflichteten aus dem Nicht-Finanzsektor (Güterhändler, Immobilienmakler etc.) warten, bis auch für sie entsprechende Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz veröffentlicht wurden. Nun Anfang Dezember 2020 war es endlich soweit: Eine Arbeitsgruppe mehrerer Bundesländer hat erstmals gemeinsame „Auslegungs- und Anwendungshinweise“ (AuA) speziell für Nichtfinanzunternehmen erstellt. Die dort getroffenen Aussagen beziehen sich auf die seit dem 1.1.2020 geltende Rechtslage.

Wichtige Praxishilfe

Während andere Aufsichtsbehörden, wie insbesondere die BaFin schon seit Ende 2018 eigenen AuA für die von ihr beauftsichtigten Verpflichteten zur Verfügung stellen, gab es entsprechende Orientierungshilfen für den großen Kreis der Nichtfinanzunternehmen nicht bzw. nur von den jeweiligen Branchenverbänden. Die neuen AuA sind daher überfällig, bieten sie den Verpflichteten doch eine Reihe von Anhaltspunkten, wie die Bestimmungen des Geldwäschegesetzes aufsichtskonform umgesetzt werden können. Solche AuA werden deswegen auch von vielen als „Praxisbibel“ bezeichnet: Es mag nicht die ganze Wahrheit drin steht, aber an das was drin steht, sollte man glauben.

Inhaltlich ausgewogen

Auf fast 80 Seiten werden anhand der wichtigsten Themen des Geldwäscherechts (Adressaten, Sorgfaltspflichten, Risikomanagement, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, Verdachtsmeldung, Mitwirkungspflichten) Einschätzungen zum Umgang mit den gesetzlichen Anforderungen gegeben.

Die AuA bemühen sich, auf die Besonderheiten der jeweiligen Branchen einzugehen, bleiben aber (verständlicherweise) häufig allgemeiner in den Aussagen. Dies ist mit Sicherheit auch dem großen Spektrum an Branchen und Geschäften geschuldet, die von der Geldwäscheaufsicht der Länder abgedeckt werden müssen.

Schwerpunktsetzung mit wichtigen Hinweisen

Das Schwergewicht liegt hier auf den Anforderungen der allgemeinen, vereinfachten und verstärkten Sorgfaltspflichten sowie auf dem Risikomanagement. Wichtig sind hierbei die einleitenden Ausführungen zu den Besonderheiten bei Güterhändlern, Kunstvermittlern, Kunstlagerhaltern und Immobilienmaklern (S. 1-8). Hintergrund ist, dass nicht alle Verpflichteten auch immer alle Anforderungen erfüllen müssen. So entfällt bspw. die Pflicht von Güterhändlern, die weder mit Kunst noch mit Edelmetallen handeln, ein geldwäscherechtliches Risikomanagement einzuführen und zu betreiben, wenn sie Bartransaktionen nur bis 9.999,99 Euro akzeptieren (Achtung: Ausnahmen hiervon gelten insbesondere für die Pflicht zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten nach den Allgemeinverfügungen der Aufsichtsbehörden, z. B. in Hessen).

Vom Risikomanagement befreit? Zu früh gefreut!

Verpflichtete, die weder ein Risikomanagment vorhalten noch Sorgfaltpflichten erfüllen müssen, dürfen sich bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus jedoch nicht zurücklehnen. Die AuA weisen zurecht darauf hin, dass Sorgfaltspflichten auch dann zu erfüllen sind, wenn es sich um einen Verdachtsfall handelt und zwar unabhängig von der Höhe und der Art (bar oder unbar) der einzelnen Transaktion.

Um Verdachtsfälle überhaupt als solche erkennen zu können, müssen auch Verpflichtete des Nicht-Finanzsektors, die von der Erstellung eines Risikomanagements befreit sind, sicherstellen, dass verdächtige Momente innerhalb des Unternehmens erkannt, weitergegeben und an die Financial Intelligence Unit (FIU) gemeldet werden (siehe AuA Punkt 3.1.1.). Damit die Beschäftigten des eigenen Unternehmens dazu überhaupt in der Lage sind, müssen sie die Risiken des eigenen Geschäfts, der Kunden und des Unternehmens kennen, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Dazu müssen diese Risiken erst einmal zentral vom Unternehmen analysiert und benannt werden. Dies geschieht klassischer Weise durch die Erstellung einer Risikoanalyse, aus deren Erkenntnissen dann die internen Sicherungsmaßnahmen abgeleitet werden.

Und so schließt sich der Kreis: An der Analyse des eigenen Geschäfts führt kein Weg vorbei. Es wird deutlich, dass es sich Verpflichtete, die unter die Freiststellungsregelung fallen, gut überlegen sollten, nicht vielleicht zumindest ein „Rumpfmanagement“ zu etablieren. Dies sollte insbesondere dazu dienen, den Beschäftigten praxisnahe Leitfäden für die Erkennung von Verdachtsfällen an die Hand zu geben und die eigenen Systeme geldwäschekonform aufzustellen.

Aussagen zum Verdachtsmeldewesen ausbaufähig

Etwas dünn geraten sind hingegen die Ausführungen zum sehr brisanten Thema Verdachtsmeldung. Zwar liegen hier die Zuständigkeiten größtenteils bei der FIU (insbesondere was die Anhaltpunkte für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (sog. Typologien) angeht), allerdings sind für Prüfungen in diesem Bereich die Aufsichtsbehörden zuständig.

Es hätte sich daher angeboten, hier auch auf die genaue Bedeutung der Worte „unverzügliche Verdachtsmeldung“ näher einzugehen. Schließlich kann es hier neben Bußgeldern auch zu strafrechtlichen Folgen, selbst für einfache Mitarbeiter kommen. Die BaFin ist darauf in ihren AuA deutlich konkreter eingegangen, auch wenn die an die Entscheidung des OLG Frankfurt angelehnte Sichtweise nicht zum Vorteil der Verpflichteten und ihrer Geldwäschebeauftragten ausgefallen ist.

Besonders auf die Abgrenzung der Identifizierung von Verdachtsfällen zur Arbeit der Strafverfolgungsbehörden könnte hier noch genauer eingegangen werden. Schließlich ist die Schwelle zur Verdachtsmeldung äußerst gering und wird durch die beabsichtigte Streichung des Vorstrafenkatalogs des § 261 StGB noch weiter absinken. In Anbetracht der Tatsache, dass die Anzahl der Verdachtsmeldungen im Nicht-Finanzsektor seit Jahren überschaubar ist, sollte dieses Thema in der Präventionsarbeit der Aufsichtsbehörden ganz klar im Vordergrund stehen.

Abgestimmt … , aber auch einheitlich?

Wie eingangs erwähnt, sind die AuA unter den Aufsichtsbehörden der Länder abgestimmt worden und sollen eine einheitliche Aufsichtspraxis fördern. Doch schon jetzt gibt es Abweichungen, die betroffene Unternehmen kennen sollten. Die Verpflichteten sollten sich daher immer bei der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde direkt infomieren, wie die Bestimmungen der GwG umzusetzen sind. D. h. erste Anlaufstelle sollte die Internetpräsenz der Behörde sein. Dort finden sich in der Regel die aktuell gültigen Dokumente und Formulare. Darüber hinaus kann es durchaus sinnvoll sein, sich mit der Aufsicht direkt in Verbindung zu setzen und Zweifelsfragen zu besprechen.