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Mitte Mai 2023 wurde das Hinweisgeberschutzgesetz final verabschiedet. Ca. 125.000 Unternehmen und öffentliche Stellen in Deutschland müssen nun interne Meldestellen einrichten,. Hier haben Beschäftigte die Möglichkeit, Missstände aus der eigenen Organisation zu melden. Darüber hinaus sind die Arbeitgeber verpflichtet, meldende Mitarbeiter vor Repressalien zu bewahren und ihre Identität zu schützen.
Das Gesetz wird voraussichtlich Anfang Juli 2023 in Kraft treten.
Auch kleinere Unternehmen betroffen
Alle Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten müssen den neuen Hinweisgeberschutz beachten. Auch öffentliche Stellen ab dieser Größe sind zur Einrichtung einer Hinweisgeberstelle verpflichtet.
Daneben sind eine Reihe von Unternehmen unabhängig von ihrer Beschäftigtenanzahl betroffen (u.a. Banken, Wertpapierhandelshäuser, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Versicherer).
Bestehende Hinweisgebersysteme überarbeiten
Für die meisten Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz ist das Thema Hinweisgeberschutz nicht neu. So bestimmt schon § 6 Abs. 5 GwG seit Jahren, dass vertrauliche Möglichkeiten zur Meldung von Verstößen vorhanden sein müssen. Daneben bestehen weitere spezialgesetzliche Verpflichtungen zum Betrieb einer vertraulichen Hinweisgeberstelle, z.B. nach dem KWG oder dem WpIG.
Das Hinweisgeberschutzgesetz enthält allerdings zahlreiche Neuerungen, die auch von bestehenden Meldestellen beachtet und umgesetzt werden müssen.
Interne Meldestelle – Briefkasten oder Meldesoftware?
Es muss mindestens ein Meldekanal für die Beschäftigten eingerichtet werden. Dies kann beispielsweise eine telefonische Hotline, eine Post- oder E-Mail-Adresse, ein extern betriebenes Hinweisgebersystem oder eine Ombudsperson sein.
Unternehmen entscheiden selber, welche Art von Meldekanal sie einrichten wollen. Es muss aber immer möglich sein, Meldungen unter Wahrung der Vertraulichkeit abgeben zu können. Mitarbeiter von Meldestellen müssen also dafür sorgen, dass die Identität der hinweisgebenden Personen und in der Meldung genannte Personen nur ihnen selbst bekannt wird.
Auch anonyme Meldungen müssen grundsätzlich angenommen und bearbeitet werden. Grund hierfür ist, dass aus rechtlichen Gründen zur Vermeidung und Aufdeckung von Verstößen angemessene Maßnahmen zu ergreifen sind. Hierzu gehört insb. die Auswertung aller eingehenden Hinweise.
Damit kein entscheidender Hinweis ausbleibt, sollte der Meldekanal auch die anonyme Kontaktaufnahme und die anonyme Kommunikation ermöglichen. Gesetzlich zwingend ist das nicht. Allerdings schafft dies einen wichtigen Anreiz für Hinweisgeber ihre Meldung intern und nicht extern (z.B. bei der BaFin) abzugeben.
Grundsätzlich haben Beschäftigte die freie Wahl, ob sie intern eine Meldung abgeben oder sich an eine externe (staatliche) Meldestelle wenden wollen. Dieses Wahlrecht darf in keiner Weise beschränkt werden. Zwar sind die Beschäftigten angehalten, den internen Kanal zu bevorzugen, der Arbeitgeber darf das aber nicht vorschreiben.
Meldungen dürfen nicht „verstauben“
Sobald eine Meldung in der internen Meldestelle eingeht, ist ein festgelegtes Verfahren durchzuführen. So muss u.a. innerhalb von 7 Tagen dem Hinweisgeber der Eingang der Meldung bestätigt werden. Nach spätestens drei Monaten muss dem Hinweisgeber Rückmeldung gegeben werden. Hier ist zumindest mitzuteilen, wie es um die Bearbeitung der Meldung steht.
Welche Verstöße können gemeldet werden?
Über die interne Meldestelle können hinweisgebende Personen Informationen zu Missständen im Unternehmen oder der eigenen Organisation melden. Gesetzlichen Schutz (insb. Schutz vor Strafverfolgung oder Kündigung) genießen jedoch nur solche Hinweisgeber, die sog. „meldefähige Verstöße“ bei der Meldestelle anzeigen.
Das Hinweisgeberschutzgesetz zählt in § 2 die meldefähigen Verstöße auf. Hierzu gehören u.a.
- Alle Straftaten, insb. Betrugs- und Korruptionsdelikte
- Alle Bußgeldtatbestände zum Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit
- Alle Bußgeldtatbestände, zum Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane
Meldefähig sind u.a. zusätzlich Verstöße gegen
- Umweltschutzbestimmungen
- Regelungen zur Lebensmittel- und Futtersicherheit
- Tierschutzbestimmungen
- Verbraucherschutzbestimmungen (u.a. bei Zahlungskonten, Finanzdienstleistungen und Preisangaben)
- Datenschutzbestimmungen
- Vorschriften zur Rechnungslegung
- Vergaberechtsregeln
- Bestimmungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
Nicht geschützt wird die Meldung oder Offenlegung von Informationen über privates Fehlverhalten. Das gilt zumindest immer dann, wenn das Fehlverhalten keinen Bezug zur beruflichen Tätigkeit hat.
Wie werden Hinweisgeber geschützt?
Hinweisgeber werden umfangreich vor Benachteiligungen geschützt. Da sie in der Regel Beschäftigte sind, ist der Schutz vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen von besonderer Bedeutung. Aus diesem Grund sind gegen hinweisgebende Personen gerichtete Repressalien (z.B. Kündigung, Gehaltskürzung) verboten. Dies gilt auch für die Androhung und den Versuch, Repressalien auszuüben.
Geldwäschebeauftragte müssen Fachkunde nachweisen!
Häufig sind die Geldwäschebeauftragten auch zuständig für den Betrieb der Meldestelle und die Bearbeitung eingehender Hinweise. Daher sind sie auch von einer wichtigen Neuerung betroffen: Als Mitarbeiter der Meldestellen müssen sie zukünftig ihre „Fachkunde“ nachweisen.
Auf die Anforderungen geht dieser Beitrag ausführlich ein.
Konsequenzen bei Missachtung
Gegen die Bestimmungen des Hinweisgeberschutzgesetzes zu verstoßen, kann schwerwiegende Konsequenzen haben. Es drohen u.a. Bußgelder, Schadensersatzforderungen und arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen. So kann bei der Behinderung von Meldungen oder bei Nichtwahrung der Vertraulichkeit ein Bußgeld in Höhe von bis zu 50.000 Euro verhängt werden.
Existiert keine Meldestelle oder wird diese nicht betrieben droht alleine hierfür ein Bußgeld von bis zu 20.000 Euro.
Umsetzung – Wie sollte vorgegangen werden?
Die Einrichtung einer internen Meldestelle, aber auch die Anpassung eines bereits existierenden Hinweisgebersystems erfordert Zeit und die entsprechenden Fachkenntnisse. Je nach Größe der eigenen Organisation sollte die Umsetzung in einem Projekt durchgeführt werden.
Im Folgenden sind die wichtigsten Umsetzungsschritte dargestellt (eine ausführliche Anleitung zur Umsetzung finden Sie auch in diesem Whitepaper).
- Bestandsaufnahme: Wie bei der Umsetzung anderer regulatorischer Anforderungen lohnt es sich auch beim Hinweisgeberschutz zunächst zu klären, wo das eigene Unternehmen gerade steht. Gibt es bereits ein Hinweisgebersystem? Welche Anforderungen werden heute schon erfüllt und welche nicht?
- Verantwortlichkeiten: Wer ist für die Meldestelle zuständig? Wer soll es zukünftig sein?
- Hinweisgebersystem: Welche Meldekanäle existieren bereits? Soll es einen oder mehrere Kanäle geben? Sollte ausgelagert werden?
- Betroffene Funktionen / Einheiten: Welche Kolleginnen und Kollegen sollten bei der Umsetzung eingebunden bzw. beteiligt werden?
- Prozessanpassungen: Existiert ein Meldeprozess oder muss erst einer geschaffen werden? Welche Dokumente / Formulare werden benötigt (Eingangsbestätigung, Rückmeldung, Mitarbeiterinformation, Datenschutzfolgenabschätzung, Risikoanalyse, Mitarbeitereinwilligungen, Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen etc.)
- Fachkundenachweis: Die Mitarbeiter der Meldestelle sollten sich zertifizieren lassen, um die gesetzliche Fachkunde sicher nachweisen zu können. Alle Einzelheiten hier.
Fazit
Die meisten Verpflichteten verfügen aufgrund der gesetzlichen Anforderung in § 6 Abs. 5 GwG bereits über eine Hinweisgeberstelle in der eigenen Organisation. Dennoch enthält das Hinweisgeberschutzgesetz eine ganze Reihe neuer Vorgaben, die auch von bereits bestehenden Hinweisgeberstellen umgesetzt werden müssen. Besonders der gesetzlich geforderte Nachweis der Fachkunde zwingt zum Handeln. Geldwäschebeauftragte, die auch Meldestellenmitarbeiter sind, sollten sich rechtzeitig um die entsprechende Fortbildung kümmern.
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