Große Ereignisse werfen bekanntlich ihre Schatten voraus. Seit gut einem Jahr steht der sog. EU AML Action Plan der Europäischen Kommission im Raum. Nun hat die Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion Frau Mairead McGuinness während einer Online-Veranstaltung letzte Woche erste Einblicke in die laufenden Arbeiten gegeben.
Mehr Harmonisierung, aber keine Vollharmonisierung
Der EU AML Action Plan („Aktionsplan für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“) zielt auf eine ganze Reihe an Maßnahmen zur Verbesserung der Geldwäschebekämpfung:
- Eine bessere Umsetzung der bestehenden Geldwäschevorschriften
- Die Schaffung eines detaillierten und harmonisierten Regelwerks
- Die Einrichtung einer neuen zentralen Geldwäscheaufsicht
- Die Vernetzung zentraler Bankkontenregister
- Eine bessere Koordinierung und Unterstützung der einzelnen Financial Intelligence Units (FIUs) in der EU.
Ein wichtiger Meilenstein bildet das neue EU-Regelwerk. Bisher wurde die Harmonisierung des Geldwäscherechts in der EU über eine Reihe von Richtlinien betrieben. Eine Richtlinie ist ein Rechtsakt, in dem ein von allen EU-Ländern zu erreichendes Ziel festgelegt wird. Es ist jedoch Sache der einzelnen Länder, eigene Rechtsvorschriften zur Verwirklichung dieses Ziels zu erlassen. Dies hat den Nachteil, dass es zu sehr unterschiedlichen Umsetzungen in den EU-Ländern kommen kann.
Neue EU-Verordnung mit zentralen Geldwäscheregelungen
Genau dieses Problem sieht die Kommission im Bereich der Geldwäschebekämpfung und will nun gegensteuern. In Form einer Verordnung soll zum einen für mehr Einheitlichkeit bei der Geldwäschegesetzgebung gesorgt werden. Zum anderen soll es den Mitgliedstaaten hierdurch aber weiter möglich sein, gewisse Themenbereiche auch eigenständig zu regeln (z.B. strengere Regeln gegen Terrorismusfinanzierung).
Wichtigstes Anliegen bleibt jedoch die Schaffung zentraler Regeln bzgl. der Kernpunkte der Geldwäschebekämpfung. Hierzu gehören gemeinsame Vorschriften zur Customer Due Diligence, insbesondere zur Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten.
GwG-Pflichten für Dienstleister von Kryptowerten
Auch die Gruppen der geldwäscherechtlich Verpflichteten sollen vereinheitlicht werden. Neu hinzu kommen sollen dabei Virtual Asset Service Provider (VASP), wie bspw. Kryptoverwahrstellen. Es sollen also nicht allein Sorgfaltspflichten ab einer gewissen Transaktionsschwelle zu erfüllen sein (so zukünftig in Deutschland bei Kryptotransaktionen ab 1.000 Euro Gegenwert, siehe Gesetzentwurf zum Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz – kurz: TraFinG). Vielmehr müssen sich VASPs insb. darauf einstellen, ein wirksames Risikomanagement zur Geldwäscheprävention einzurichten.
Verbot von Barzahlungen über 10.000 Euro
Darüber hinaus scheint auch eine europaweit einheitliche Obergrenze für Bargeschäfte Realität zu werden. So sollen Barzahlungen nur noch bis maximal 10.000 Euro pro Geschäft zulässig sein. Solche Beschränkungen sind in der EU schon jetzt nicht unüblich. Auch in Deutschland gibt es schon Bestrebungen, solche Limitierungen des Bargeldverkehrs festzuschreiben.
Zentrale Aufsicht, aber nicht für alle
Das zweite große Teilprojekt ist die Schaffung einer zentralen EU-Geldwäscheaufsichtsbehörde. Diese soll zum einen Verpflichtete des Geldwäscherechts überwachen. Zum anderen soll die Behörde auch als „Vermittler“ fungieren, um sicherzustellen, dass die nationalen Behörden ihre Aufsichtsverantwortung auch wahrnehmen.
„Die neue AML-Behörde wird eine Reihe unterschiedlicher Rollen haben“, erklärte EU-Kommissarin McGuinness. Geplant sei eine „Umbrella Authority“, die je nach Branche und Geldwäscherisiko verschiedene Aufgaben zu erfüllen habe. Für bestimmte Unternehmen des Finanzsektors werde diese Institution zukünftig als direkte Aufsichtsbehörde zuständig sein. Wer genau diese Verpflichteten sein werden, ließ sie jedoch offen. Wahrscheinlich ist, dass es sich hierbei zumindest um die international tätigen Großbanken handeln wird. Darauf weisen die vielen Geldwäscheskandale der vergangenen Jahre in der EU hin. Eine direkte Aufsicht der EU über den gesamten Finanzsektor ist jedoch nicht geplant.
Keine direkte Zuständigkeit der neuen Behörde soll es nach Auskunft von McGuinness für die Verpflichtete des Nichtfinanzsektors geben. Vielmehr werde die Aufsicht hier auf eine bessere Koordinierung der Bemühungen zur Geldwäscheüberwachung der einzelnen Mitgliedstaaten hinwirken. Einzelheiten hierzu gab sie jedoch nicht bekannt. Die Art und Weise der Aufsichtstätigkeit werde sich hier in erster Linie am risikobasierten Ansatz orientieren, so McGuinness.
Bessere Vernetzung der FIUs
Verbesserungsbedarf bei der Geldwäschebekämpfung sieht die EU-Kommission auch bei der Arbeit der Financial Intelligence Units der einzelnen Mitgliedstaaten. Hier soll die neuen EU-Aufsichtsbehörde unterstützen und auf eine bessere Koordinierung hinwirken.
Start der neuen EU-Aufsicht nicht vor 2026
Entschieden ist nun auch, dass es sich bei der neuen EU-Aufsicht um eine völlig neu zu schaffende Behörde handeln wird. Forderungen einzelner Mitgliedstaaten, die Geldwäscheprüfer unter dem Dach der Europäischen Bankenaufsicht EBA anzusiedeln, sind damit wohl vom Tisch. Da der Aufbau einer neuen hochspezialisierten Behörde Zeit brauche, geht die Kommission auch nicht davon aus, dass diese ihre Arbeit vor dem Jahr 2024 aufnehmen wird. Der Beginn der direkten Aufsichtstätigkeit ist nicht vor 2026 geplant. Die Finanzierung soll über Gebühren erfolgen, die von den Verpflichteten direkt erhoben werden.
Fazit
Die geplanten Schritte der EU-Kommission sind grundsätzlich zu begrüßen, auch wenn viele AML-Experten sich hier ein entscheidenderes Vorgehen wünschen. Der nationale Blick auf die global operierende Geldwäschekriminalität ist schon seit längerem nicht mehr zeitgemäß und im Ergebnis häufig ineffektiv. Gerade deswegen ist ein entschiedenes und verbindliches Tätigwerden auf multinationaler Ebene von so großer Bedeutung. Hier bleiben die Vorschläge der Kommission hinter den Möglichkeiten der EU zurück.
Dies betrifft auch die geplante Rolle der neuen EU-Aufsicht im Nichtfinanzsektor. Wie eine effektive zentrale Koordinierung der verschiedenen nationalen Aufsichtsbehörden (in Deutschland allein sind es mehr als 300!) gelingen soll, wird spannend sein zu sehen.
Einzelheiten zur neuen EU-Geldwäscheverordnung sollen Mitte Juli 2021 bekannt gegeben werden. Dann will die EU-Kommission auch einen ersten Entwurf des neuen Regelwerks präsentieren.
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