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Die Financial Intelligence Unit (FIU) hat in einem Schreiben an Verbände sowohl des Finanz- als auch des Nichtfinanzsektors ihren neuen Prozess für die Analyse und Bearbeitung von Verdachtsmeldungen vorgestellt. Erste Details hierzu sind schon im Frühjahr publik geworden. Ziel ist es, die bei der FIU eingehenden und darüber hinaus erhobenen Informationen gezielt zusammenzuführen und risikobasiert zu bearbeiten. In diesem Zusammenhang habe die FIU im Jahr 2021 ihre aufbau- und ablauforganisatorischen Prozesse durch eine externe Beratung mit dem Ziel deren weiterer Optimierung untersuchen lassen. Die Ergebnisse sollen noch dieses Jahr erstmalig angewandt werden.
Wichtig für Praktiker: Aus dem Bericht ergeben sich keine Auswirkungen für die Abgabe von Verdachtsmeldungen.
Das 2-Level-Modell
Kern der Neuorganisation der Abläufe ist das sog. „2-Level-Modell“. Hierbei wird zwischen einfach gelagerten Vorgängen und komplexen Sachverhalten unterschieden.
Die betrifft jedoch nur Geldwäscheverdachtsfälle. Handelt es sich um einen Verdacht auf Terrorismusfinanzierung oder auf ein Staatsschutzdelikt, so ändert sich nichts an den bestehenden Abläufen. Solche Fälle werden weiter prioritär behandelt, so die FIU.
Bei den Fällen des „Levels 1“ wird künftig nicht mehr jeder denkbare Analyseschritt ausgeführt. Vielmehr wird hier die Bearbeitung für beendet erklärt, wenn die FIU einen ersten Abgabegrund identifiziert hat.
Mehr Aufmerksamkeit bekommen die Fälle des „Levels 2“. Hierbei handelt es sich um schwierigere, komplexe Sachverhalte bestimmter „Phänomen-/Deliktsbereiche“. Die Fälle werden mittels strukturierter Datenverarbeitungen „unter allen denkbaren Gesichtspunkten“ bewertet. Die Analyse erfolgt laut FIU vertieft und umfassend bis „in die letzte Verästelung“.
FIU muss Prioritäten setzen
Grund für die Einführung dieses zweigliedrigen Verfahrens ist die pure Not: Die Anzahl der Verdachtsmeldungen steigt von Jahr zu Jahr immens an. Im Jahr 2021 waren es fast 300.000 Meldungen. Für 2022 rechnet die FIU mit mindestens 345.000 Meldungen. Angesichts dieser Zahlen sieht sich die Behörde anders nicht in der Lage, die eingehenden Meldungen „fachsach- und zeitgerecht“ zu bearbeiten.
Die Neuausrichtung ist Teil der verstärkten Anwendung des risikobasierten Ansatzes. Das Prinzip wird schon seit über einem Jahr von der FIU praktiziert, um der Lage Herr zu werden. Die Ergebnisse überzeugten bisher jedoch nicht. Vielmehr hat die FIU bei den von ihr selbst als risikorelevant eingestuften Meldungen einen Bearbeitungsstau von mindestens 100.000 Fällen.
Diese Probleme sieht auch die von der FIU selbst beauftragte Unternehmensberatung: Die Erneuerung der IT-Landschaft müsse zwingend zeitnah erfolgen. Anders sei die effektive Bearbeitung „werthaltiger“ Geldwäschefälle nicht möglich.
Fazit
Es geht nicht mit, aber auch nicht ohne sie. So oder so ähnlich lässt sich die aktuelle Situation bei der FIU zusammenfassen. Verdachtsmeldungen müssen durch eine qualifizierte und effektiv arbeitende Behörde untersucht und zeitnah kanalisiert werden. An diesem Anspruch scheitert die FIU seit ihrer Neugründung 2017.
Der Ansatz der Meldeflut durch Priorisierung zu begegnen, ist der zurzeit einzig erfolgsversprechende Weg. Ob das neuen „2-Level-Verfahren“ den Durchbruch bringt, lässt sich von außen aber kaum einschätzen. Zu abstrakt ist die Beschreibung des Verfahrens, zu undurchsichtig die bisherige Arbeitsweise der Behörde.
Die Tatsache, dass es die FIU nicht einmal schafft, risikobehaftete Fälle zeitnah zu bearbeiten, spricht jedoch für sich. Interessanterweise hatte FIU-Chef Schulte noch ein halbes Jahr zuvor gegenüber dem Finanzausschuss des Bundestages versichert, es bestehe „kein Bearbeitungsrückstand“. Verständlich, dass hier schon Rücktrittsforderungen geäußert wurden. Ob mit altem oder neuem Chef, so darf es nicht ewig bei der FIU weitergehen.
Gleichzeitig befinden wir uns in einem Meldedilemma: Insbesondere aufgrund der Reform des Geldwäschetatbestands § 261 StGB im Jahr 2021 ist die Anzahl meldepflichtiger Fälle geradezu explodiert. Die Meldezahlen für 2021 haben sich im Vergleich zu 2020 mehr als verdoppelt – Tendenz weiter steigend!
Hauptgrund: Es gibt keine Beschränkungen. Jeder Geldwäscheverdacht ist zu melden, egal wie geringfügig das Vergehen ist. Während die FIU nach eigenem Verfahren risikobasiert arbeitet und sich dabei auf das Geldwäschegesetz beruft, bleibt dieser Weg den Verpflichteten verwehrt. Diese dürfen nicht risikoorientiert entscheiden, ob sie eine Meldung abgeben oder nicht. Dabei wäre das durchaus angezeigt: Nur jede 7. Verdachtsmeldung in 2021 wurde von der FIU als relevant eingestuft.
Um den Verpflichteten wenigstens in bestimmten Konstellationen einen Spielraum einzuräumen, sind verschiedene Branchenverbände kürzlich an das Bundesfinanzministerium und die Geldwäscheaufsichtsbehörden herangetreten. Ziel ist es, wenigstens bei erkennbar nicht relevanten Fällen von einer Meldung absehen zu dürfen, wie bspw. bei geringfügigen Kontoeingängen aus Glücksspielgewinnen. Es bleibt zu hoffen, dass die Initiative Früchte trägt. So könnte die Meldeflut zumindest teilweise beseitigt werden.
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